Die Schaffung von Expertenwissen ist dem Bereiche der „Angewandten Forschung“ zuzuordnen, wo oft der Beratungsbedarf bestimmt, welches entsprechende Expertenwissen zu generieren ist.
Zusätzlich kann Expertenwissen auch im Rahmen allgemeiner Forschungsprojekte weiterentwickelt werden. Die auf dieser Weise durch Expertenwissen angereicherte strategische Rechtsberatung wird in eine sich an Prozessen und an Issues orientierte Beratungsmethode des Issue Managements eingebaut, die einen integrativen, internationalen und interdisziplinären Umgang zwischen den relevanten Dimensionen der Problemlösung unterstützt.
Recht und Kommunikation als Beispiel
Als Beispiel eines solchen Arbeitsfeldes zur Generierung von „Expertenwissen“ dient die Verknüpfung von Recht und Kommunikation, die sowohl von der Seite der Rechtswissenschaft als auch von der Seite der Kommunikationswissenschaft wenig erkannt und erforscht ist. Es besteht in diesem Bereich ein grosser Nachholbedarf.
Der Umgang mit den Folgen der Mediatisierung und der Virtualisierung auf die Entstehung, die Anwendung und die Durchsetzung von Recht stellt ein wichtiges Problem der strategischen Rechtsberatung dar. Ich habe in diesem Bereich während vielen Jahren intensiv beraten; vgl. etwa den Foliensatz „Unternehmenskommunikation in turbulenten Zeiten„, Recht und Reputation, Paradigmenwechsel – Fallbeispiele mit Relevanz für den guten Ruf eines Unternehmens – Diagnosen und Therapien der Risiken und Chancen der Schnittstelle als Teil eines ganzheitlichen Corporate Reputation Managements“.
Zum Verständnis von Recht und Kommunikation sollte vor allem in den nachfolgenden Bereichen „Expertenwissen“ generiert werden.
Kommunikation zwischen Rechtskulturen
In einer globalisierten Welt erfolgt die Interaktion zwischen Rechtskulturen im Wesentlichen über Kommunikation. In Anbetracht der Tatsache, dass Recht und Rechtskultur heute ein strategischer Erfolgsfaktor einer Rechtsordnung, d.h. eines Landes ist, verlangen die damit verbundenen Anforderungen der Kompetitivität, Kompatibilität und Interoperabilität, dass in einer Rechtsordnung selbst Voraussetzungen einer Fähigkeit zu und einer effektiven Veranstaltung der Kommunikation über Recht geschaffen werden.
Diese Kommunikation ist eine zum räumlichen Geltungsanspruch des Rechts gehörende Dimension, die dessen Wirksamkeit erst herbeiführt oder verbessert. Es geht hier unter anderem um die Darstellung der eigenen Rechtsordnung in anderen Fachsprachen, zum Beispiel der englischen und die Institutionalisierung eines auf eine internationale Kommunikation angelegten Knowledge-Managements für alle im Rechtsbereich an dieser Kommunikation beteiligten Kreise.
Kommunikation zwischen Managern und Juristen
Im Spannungsfeld Kommunikation und Recht wird zum Beispiel die Interaktion mit der amerikanischen Rechtskultur und in die Interaktion im Bereich Recht und Management durch ein ungenügendes oder falsches Verständnis der jeweils an der Kommunikation beteiligten rechtlichen Berufsrollen verzerrt. Gestörte Auffassungen der Berufsrollen bestimmen also über deren Kommunikation die Wirksamkeit von Recht und Juristen mit.
Dies müsste selbst auch Gegenstand der Generierung von „Expertenwissen“ sein. Wir vermuten, dass dieses unterentwickelte Verständnis der Berufsbilder des Rechts eine Integration, Interdisziplinarität und Internationalität zwischen Juristen und Managern und eine Zusammenarbeit mit den entsprechenden Rollenträgern in verschiedenen Rechtskulturen erschwert, ja dieser oft entgegensteht. Diese Verständnisdefizite sind unseres Erachtens zudem um so offensichtlicher, je mehr die Kommunikationsrealität über die Berufsrollen des Juristen und des Managers auf beiden Seiten des Ozeans entprivatisiert und zum Bestandteil der öffentlichen bzw. veröffentlichten Meinung gemacht wird.
Die Rolle der Perzeption der Bedeutung des Rechts für die Wirtschaft
Als ein mit dieser Unvertrautheit der Perzeptionen der rechtlichen Berufsrollen verwandter Bereich der Verknüpfung von Recht und Kommunikation scheint die dahinterstehende Tatsache eines unterentwickelten Verständnisses der Funktion des Rechts für die Wirtschaft und die Gesellschaft selbst, etwa durch die Manager als Funktionäre des wirtschaftlichen Unternehmens und oder derjenigen, die über Rechtskulturen kommunizieren, selbst ein Thema des Verhältnisses von Recht und Kommunikation zu sein.
Die Frage der grundsätzlichen Wertigkeit und des Verständnisses dieser Wertigkeit von Recht für wirtschaftliche Tätigkeiten in einer globalisierten Welt hat zu wenig kommunikatorische Fürsprecher und sollte im Grunde genommen ins Zentrum des Bereiches von „Wissen“, „Können“ und „Haltung“ der „International Lawyers“ gestellt werden.
Die Fragestellung verlangt zuerst einmal, dass die Vertreter der Rechtswissenschaft ihr Selbstverständnis für Neues und die Kommunikation darüber als eine integrierte Aufgabe gelebter Ganzeitlichkeit, Interdisziplinarität und Internationalität verstehen. Dies wäre eine sinnvolle Vorleistung an ein von der Sache her notwendiges dialogisches Verständnis zwischen Rechtskulturen und zwischen Berufskulturen. Auch in diesem Bereich ist die Wirkung von Recht essentiell mit einer damit verbundenen Kommunikation verknüpft und verschränkt.
Der Jurist als Kommunikator
Die gegenwärtige Verknüpfung von Recht und Kommunikation verlangt auch die Generierung von entsprechendem „Expertenwissen“ über die Ausbildung eines neuen „International Lawyers“. Sie verlangt ganz bestimmte Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeiten dieses Juristen und dessen Verhältnis zur Kommunikation, die zu den Kernkompetenzen einer zukünftigen Juristenaus- und Weiterbildung in diesem Bereich gezählt werden müssten.
Die festgestellten Paradigmenwechsel, die bei den Fähigkeiten eines neuen „International Lawyers“ neben der Wissens- und Verstehenskompetenz auch eine Verhaltens- und Handlungskompetenz, dazu eine Beurteilungs- und Final- und Haltungskompetenz verlangen, geben der Kommunikationskompetenz des Juristen als Teil seiner Sozialkompetenz einen bedeutenden Stellenwert. Dieser erhöht sich durch die aufgrund der Globalisierung neu ins Blickfeld gerückte Internationalisierungskompetenz. In der Frage der Ausbildung und Weiterbildung von solchen Juristen wird der Jurist im wesentlichen auch zu einem Kommunikator.
Recht und Reputation
Am Weitrechendsten ist die Verknüpfung und Verschränkung von Recht und Kommunikation im Bereiche des Schutzgutes der Reputation von Personen und Unternehmen.Die Reputation wird durch einen Wettbewerb verschiedener Meinungen, die Perzeptionen Dritter konstituieren – im wesentlichen vor dem Hintergrund von Informationsasymmetrien – geschaffen, gewahrt, gefährdet und zerstört wird. Dabei wird die Bemessung und Bewertung des Reputationsschadens bei börsenkotierten Gesellschaften unmittelbar und zeitverzugslos sichtbar.
Eine Untersuchung unsererseits hat gezeigt, dass die Mehrzahl reputationsgefährdender Ereignisse mit Rechtsverletzungen verbunden sind, von denen wiederum eine Mehrzahl durch den Umgang mit Rechtsverletzungen selbst wesentlich mitbeeinflusst ist. Die Mediatisierung verkehrt die rechtliche Unschuldsvermutung vorweg in eine mediale Schuldvermutung.
Die reputationsbezogene Auseinandersetzung mit einer rechtlichen Dimension eines Issues erfolgt deshalb zu einem anderen, insbesondere früheren Zeitpunkt als die rechtliche, sie tangiert und präjudiziert zudem die Voraussetzungen der späteren Rechtsanwendung und Rechtsdurchsetzung im angestammten und engeren Sinne massgeblich, vergleiche Foliensatz, Recht und Reputation und Jens Drolshammer Recht, Rechtsberufe und Rechtsreputation als Faktoren der internationane Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz – das „Legal Black Hole“ der zugrunde liegenden Rechtskonzeption, 2007.
Kommunikation als rechtliches Gestaltungsmittel
Die Notwendigkeit der Generierung von „Expertenwissen“ in diesem Bereich zeigt die Ausgestaltung der positiven Rechtsordnung selbst; so setzt der Gesetzgeber zum Beispiel die Publizität in Sachen- und Gesellschaftsrecht als Gestaltungsmittel ein. Das Gleiche gilt für die viel weitergehenden Publizitätsvorschriften im Banken- und Börsenrecht. Das positive Recht schützt auch vor Informationen und vor Kommunikation. Die Gewaltenteilung wird auch in der Schweiz durch die kommunikatorische Kontrolle der Medien ergänzt.
Der Gesetzgeber gibt einer Rechtsanwendungsbehörde wie der Bankenkommission und der Wettbewerbskommission zusätzlich einen Informationsauftrag, der die Rechtsanwendung zum Teil ergänzt und verstärkt, zum Teil stört oder gar ersetzt. Der Gesetzgeber setzt in vielen Bereichen Meldepflichten ein, deren Inhalt, zum Teil rechtlich vorgesehen, öffentlich werden. Recht reguliert auch Kommunikation.
Im Weiteren gibt es Schutzgüter im Recht, wie zum Beispiel Marken- oder Kennzeichenrechte, die ihre Legitimation in einer Informations- und Kommunikationsleistung haben.
(Vgl. Jens Drolshammer, Verlangt die Globalisierung eine Neuausrichtung der Forschung? – Beispiele von Forschungsfeldern im Bereich Recht und Management aus der Sicht eines International Lawyers).