Themen
Ungenutzte strategische Dimension des Rechts
Themenbezogen geht es um die Erschliessung und Etablierung der strategischen Dimension des Rechts durch die Generierung von anwendungsorientiertem, theoretischem Expertenwissen und durch die Entwicklung und Operationalisierung dieses Wissens in einer die traditionelle Rechtsberatung ergänzenden Rechtsberatung: der „strategischen Rechtsberatung“. Neben der akademischen Tätigkeit im Bereich grösserer Publikationsprojekte wird die Beratungstätigkeit in der Beratungsfirma Drolshammer Strategy & Law Advokatur reduziert weitergeführt.
Motivation der Befassung
Im Rahmen der Grundidee des Entschlusses zu einer dritten Karriere, mit der gewonnenen Zeit mehr theoretisch zu arbeiten und teilweise anders zu beraten, liegt der Bereich „Strategy and Law“ im Kernbereich der Anders- und allenfalls Neuartigkeit der vergangenen Jahre im Rahmen des „Pflichtteils“ der neuen beruflichen Orientierung. Das Hauptthema ist vorerst in zeitlicher und sachlicher Hinsicht die Entwicklung dieses Sachwissens und die Entwicklung der Beratungsmethode selbst.
Wir gehen von der Hypothese aus, dass es in diesem Bereich mindestens etwas zu entdecken, wenn nicht zu erfinden gibt. Wir meinen, dass der Paradigmenwechsel mit den Charakteristika der zunehmenden Verrechtlichung, Informatisierung, Interdisziplinarisierung, Professionalisierung, Spezialisierung, Marktorientierung, Prozeduralisierung, Institutionalisierung und Organisierung sowie auch „Tendenz zu einer Amerikanisierung“ der practice of law ein ausgewiesenes Bedürfnis in diesem Bereich hat entstehen lassen, da dieser Wandel auch die strategische Deutung von Recht (Law) und Juristen (Lawyers), zum Beispiel für international tätige Unternehmen, massgeblich und manifest verändert hat.
Die nachhaltige Neugier für Strategie entspricht einem Interesse, das sich vorerst ausserhalb der juristischen Berufstätigkeit, nämlich im Rahmen der langjährigen Tätigkeit für den Stabchef für Operative Schulung (SCOS), der Sachgruppe Strategie, dem Beratungsgremium des Generalstabchefs (GSC) der schweizerischen Armee und der Mitarbeit an den Tätigkeiten des International Institute for Strategic Studies (IISS) über die Jahre gebildet hat. Zu dieser Befassung mit der Strategielehre in diesen staatlichen Bereichen kamen zunehmend irritierende Beobachtungen, denen zufolge Recht (Law) und Juristen (Lawyers) mit einer dem Wandel entsprechenden Deutung gesehen und eingesetzt wurden.
Das entsprechende Defizit der Erkenntnis und der damit verbundenen fehlenden Operationalisierung der Umsetzung solchen Wissens in einer strategischen Rechtsberatung zeigt sich zum Beispiel auch in verschiedenen theoretischen Bereichen an der suboptimalen Integration der rechtlichen Dimension, zum Beispiel in der betriebswirtschaftlichen Theorie von Unternehmensmodellen, in die Strategielehre selbst und in die Theorie der Beratungslehre der Managementwissenschaften und in die theoretischen Erörterungen über die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft („Verlangt die Globalisierung eine Neuausrichtung der Forschung?“). Besondere Aufmerksamkeit erheischten zusätzlich die bestehenden Perzeptionen von Recht (Law) und Juristen (Lawyers), die die Wirkungsvoraussetzungen der strategischen Dimension von Recht zusätzlich verzerrten, die Akzeptanz, Erkenntnis und Handlung in diesen Bereichen erschwerten, ja deren Bedeutung selbst grundsätzlich in Frage stellten.
In der über 25jährigen Beratung als Rechtsanwalt habe ich eine zunehmende Veränderung des Wirkungsfeldes einer integrativen, interdisziplinären und internationalen Beratung im Rahmen der Übernahme eines angelsächsischen unternehmerischen Konzeptes einer Anwaltssozietät (Law Firm) in der schweizerischen Kultur der Juristen (Lawyers) festgestellt. Für die mir vorliegende Bearbeitung komplexer Issues unter Berücksichtigung von Recht, Kommunikation, Management, Geschichte, Psychologie, Politik und anderen einschlägigen Bestimmungsfaktoren wurde der Rahmen der Ökonomisierung und Technokratisierung eines Teiles der anwaltlichen Tätigkeit immer enger.
Führungsfunktion Recht als „multilevel and multidimensional chess game“
Ich habe die Absicht, in den kommenden Jahren das nötige Expertenwissen zu generieren und eine entsprechende Beratungsmethode zu konzipieren und zu etablieren. Es geht wiederum weitgehend um ein erkenntnis- und umsetzbezogenes no-man’s-Land. Im Zentrum soll ein ganzheitlicher, interdisziplinärer und internationaler Ansatz stehen. Erste Überlegungen und Erfahrungen haben gezeigt, dass es um ein „multidimensional chess game“, kombiniert mit einem „multilevel chess game“, geht, das in den Unternehmen bei den obersten Führungsfunktionen und beim General Counsel angesiedelt ist. Es geht um den gestaltenden Umgang derjenigen Chancen und Risiken, die rechtlich bedingt und für die Realisierung der Schlüsselziele des Unternehmens im Rahmen des unternehmerischen Prozesses massgeblich sind.
Dabei geht es in der Operationalisierung vorwiegend auch um ein integrales Issue Management der Dimension Recht, das sich an den Gesichtspunkten wie der Prävention, der Rechtsbeständigkeit und Rechtsicherheit, der Risikominimierung und Chancenmaximierung, der Mittel- und Langfristigkeit unter Berücksichtigung aller wesentlicher Faktoren orientiert, die diese Zielverfolgung beeinflussen, erschweren bzw. gefährden oder verunmöglichen könnten.
Umfeldanalyse und Expertenwissen
Zu den „Themen“ des Bereiches „Strategy and Law“ gehört die Generierung des entsprechenden Expertenwissens, das die Anpassungs- und Anschlussfähigkeit des in der konkreten Anwendung gewissermassen auf den Punkt gebrachten Fachwissens im Bereiche der strategischen Dimension des Rechts sicherstellt. Mit diesem Arbeitskonzept wird hier thematisch primär im Hinblick auf eine wirkungsorientierte Umsetzung solchen Wissens im Rahmen der angestrebten interdisziplinären, integrativen und internationalen Beratung, einer „strategischen Rechtsberatung“ gesprochen.
Im weiteren geht es zusätzlich um die Schaffung der Voraussetzungen, des Entstehens und der Organisation der Anwendung dieses Fachwissens. Wir gehen von der Arbeitshypothese aus, dass diese neue und besondere Aufmerksamkeit auf die Generierung solchen Expertenwissens zeigen wird, dass, entgegen den Erwartungen, eine theoretische Auseinandersetzung in Zeiten raschen Wandels noch dringlicher ist als in Zeiten gesellschaftlicher und politischer Flauten. Dadurch wird sich auch zeigen, dass es ein Teil der angesprochenen Professionalität ist, eine wirklichkeitsnahe Umfeldanalyse der Änderungen selber durchzuführen, was zudem in der Regel eine wandelorientierte Veränderung des „Mind Sets“ der beteiligten Professionals und Managers voraussetzt.
Wir bewegen uns hier in einem wenig erforschten Zwischenbereich eines Defizits der anwendungsorientierten, theoretischen Wissensgenerierung und Wissensumsetzung unter veränderten Voraussetzungen, deren Bedeutung nach unserer Erfahrung unterschätzt wird (entsprechende ausgewählte Arbeitsbereiche der Generierung solchen Expertenwissen finden Sie im Bereich „Academic“ unter „Expertenwissen“ ).
Auch im Bereich „Strategy and Law“ ist die Generierung des notwendigen Expertenwissens im Hinblick auf die Etablierung zum Beispiel einer „strategischen Rechtsberatung“ deshalb unterversorgt, weil die in der Praxis arbeitenden Juristen in der Regel dazu keine Zeit haben oder sich die Zeit dazu nicht nehmen und die in der Akademie tätigen Juristen in der Regel diese Fragestellungen als nicht genügend akademisch qualifizieren. Diese in einem „no-man’s-land“ bemerkenswerte Wissenslücke gilt es hier zu füllen. Es handelt sich im übrigen um eine wichtige Fragestellung des aus den Fugen geratenen Verhältnisses von „Theorie“ und „Praxis“, in dem vor lauter positiven und negativen Kompetenzkonflikten oft das nicht zeit- und sachgerecht erfasst und vertieft wird, was besonders wichtig und dringlich erscheint.
Schutz des unternehmerischen Kernwertes: Reputation
Unter dem deskriptiven Oberbegriff „Themen“ wird es unter anderem um die Bearbeitung folgender Themata gehen: Es wird fürs erste um eine begründete Identifikation derjenigen rechtlichen Bestimmungsfaktoren gehen, die im paradigmatischen Wandel für international tätige Unternehmen die Schwelle und die Intensität der strategischen Bedeutung erreicht bzw. überschritten haben. Es geht dann zum Beispiel um die Erarbeitung und Formulierung einer „Integrated Risk Management Initiative“ unter besonderer Berücksichtigung der ermittelten strategischen Bestimmungsfaktoren im Bereiche Recht (Law).
Dies könnte in der Folge für die Bereiche „Safety and Security Risk“, „Business Risk“, „Political Risk“, „Legal Risk“, „Reputation Risk“, „Corporate Governance Risk“ und dem sogenannten „Future Risk“ aus ganzheitlicher und interdisziplinärer Sicht konkretisiert werden. Es gilt, einen „Mind Set“ zu schaffen und Methoden zu finden, um solche Risiken frühzeitig zu erkennen, im Umgang mit diesen durchgehend handlungs- und gestaltungsfähig zu bleiben und eine Organisation des Führungs- und des Issue Managements, verbunden mit einem entsprechenden Wertesystem, zu etablieren, das vor allem auch einen opportunity-bezogenen Umgang mit diesen Risiken erlaubt und begünstigt. Damit gilt es, die Reputation als Kernwert eines international tätigen Unternehmens systematisch, nachhaltig und „State of the Art“ und nach „best practices“ zu schützen, damit die obersten Unternehmensziele relativ ungestört umgesetzt werden können. Im Vordergrund stehen Charakteristika wie präventiver Einsatz der rechtlichen Dimension, integrierter Einsatz der rechtlichen Dimension, sich an Langfristigkeit orientierender Einsatz der Risikodimension.
Akzeptanz für die Methode schaffen
Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Beratungsmethode sind Akzeptanz , Kompatibilität und Interoperabilität der Methode und der an der Beratung beteiligten interdisziplinären Professionals und Managers. Akzeptanz beginnt in Law Firms, Legal Departments, führt über das Management und anderen integrativen, interdisziplinären und internationalen, anwendungsorientierten beteiligten Professionals vielleicht sogar zu den Hochschulen. Es geht zudem um die systematische interdisziplinäre Bearbeitung der Auswirkung anderer relevanter Dimensionen auf die Tätigkeiten des Juristen und die Einbringung der rechtlichen Dimension in die Beratungstätigkeit anderer Beratungsunternehmen wie Auditors, Unternehmensberater und Kommunikationsberater.
Konkrete Ausgestaltung strategischer Rechtsberatung
Im Rahmen der Identifikation von „Themen“ geht es in der Folge auch um die Entwicklung der konkreten Ausgestaltung oder Operationalisierung der „strategischen Rechtsberatung“. Dazu gehören die sachgerechte Organisation der Zusammenarbeit, die Entwicklung innovativer, fachgerechter Beratungsmethoden, wie Partnering, Facilitation, Mediation, Brainstorming etc, die Entwicklung der die Anwendung der Methode erleichternden Tools wie „Legal Balance Score Card“, „Legal Audits of Strategic Dimension“, die software-gestützte Ermittlung von Eigen- und Fremdsicht von Unternehmensreputation und der beteiligten Hauptpersonen im Bezug auf den Umgang mit der strategischen Dimension von Recht etc. Es geht themenbezogen auch um die Entwicklung von Ausbildungs-, Trainings- und Kontrollmethoden in diesem Bereich, die allgemein, wiederholt und standardisiert eingesetzt werden könnten.
(Siehe auch „Strategische Rechtsberatung“. Darüber hinaus finden Sie weitere Themen zur Generierung von Expertenwissen unter „Expertenwissen“.)
Zu den Themenbereichen werden auch das Nachdenken darüber gehören, ob dieser Bereich der Science of Law oder der Art of Law oder beiden zuzurechnen ist und was die Rolle der juristischen Phantasie, im speziellen die Bedeutung des Satzes „Imagination is more powerful than knowledge“ (Einstein), im Bereich der strategischen Rechtsberatung sein könnte.
Kein Wettbewerbsverhältnis mit der Advokatur
Die Bearbeitung dieser Themen ist zeitlich nicht streng hintereinander geschaltet, sondern wird im Rahmen einer Generierung von Expertenwissen und anschliessend in einer daraus abgeleiteten strategischen Rechtsberatung gleichzeitig vollzogen. Es ist wahrscheinlich, dass dieses Expertenwissen laufend und gleichzeitig im Rahmen von solchen Mandaten erkannt und zusätzlich vertieft wird. Es soll daraus eine Ausweitung der Dienstleistungsmatrix im Bereiche der Rechtsberatung entstehen, die nicht mit den rechtlichen Dienstleistungen der Advokatur in Wettbewerb treten, sondern diese allenfalls sinnvoll und integriert ergänzen.
Allerdings geht der Anspruch und die Methodik der zu entwickelnden Methodik über die traditionellerweise weitgehend festgelegten Dienstleistungen im Anwaltsbereich hinaus, die sich teilweise geradezu in sogenannten „Produkten“ manifestieren. Es ist wahrscheinlich, dass das Nachdenken in diesem Bereich zeigen wird, dass das Erkennen und die Etablierung der strategischen Dimension des Rechts in den Unternehmen selbst gegenwärtig fortgeschrittener ist. In diesem Sinne gilt es gewissermassen im Anschluss-, Gesprächs- und Zusammenarbeitsfeld dieser unternehmensfernen „Anwälte“ der Dimension Recht zu bleiben und gleichzeitig mit ausgewählten Rechtsanwälten und Anwaltssozietäten im Rahmen bestehender Mandate diese Dimension integriert und im Rahmen von Einzelmandaten in Zusammenarbeit einzubringen. In diesem Sinne qualifiziert diese rechtliche Beratungstätigkeit daher nicht als anwaltliche Tätigkeit.
Weiter können im Randgebiet des „applied research“ zu gegebener Zeit auch theoretische Fragestellungen folgen. Die Frage des grundsätzlichen Erkenntnis- und Bearbeitungsdefizits im Verhältnis von „Strategy and Law“ ist in einem späteren Zeitpunkt durchaus einer wissenschaftlichen Bearbeitung zugänglich.
Vergleiche dazu etwa Jens Drolshammer, Risk and Response, Zur Notwendigkeit eines strategischen Umgangs mit Catastrophic Risks in Grenzbereichen technologischer und wissenschafftlicher Entwicklungen.