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Im „Pflichtteil“ der neuen beruflichen Orientierung steht die strategische Rechtsberatung im Vordergrund, die gemäss Plan ein grösseres Gewicht als der bewusst beschränkte Teil der Anwaltstätigkeit erhalten soll, in der ich mich auf Wettbewerbsrecht, Corporate Governance und Schiedsgericht in Spezialmandaten beschränken will. Im Bereich der strategischen Rechtsberatung arbeite ich oft mit Kollegen in Anwaltssozietäten im Rahmen einer integrierten Beratung zusammen. Die Beratungstätigkeit wird nach der Emeritierung 2009 neben den akademischen  Publikationsprojekten in reduziertem Umfang weitergeführt.

 

Worum geht es?

Im Bereich der „strategischen Rechtsberatung“ geht es um die weitere Erschliessung und Etablierung der strategischen Dimension des Rechts durch die Generierung von anwendungsorientiertem, theoretischem Expertenwissen und durch die Weiterentwicklung und Operationalisierung dieses Wissens in einer die traditionelle Methode ergänzenden Rechtsberatung. Hier beschränke ich mich vorerst auf die strategische Rechtsberatung von international tätigen Unternehmen.

Dieses Gebiet ist in der Schweiz General Counsels gemässer, insbesondere von angelsächsisch beeinflussten Unternehmen, und auch vertrauter als Rechtsanwälten in international tätigen Wirtschaftskanzleien. Insbesondere ist in der Regel der beschriebene Paradigmenwechsel in der sie betreffenden international practice of law mit den Charakteristika der zunehmenden Verrechtlichung, Informatisierung, Interdisziplinarisierung, Professionalisierung, Spezialisierung, Marktorientierung, Prozeduralisierung, Institutionalisierung und Organisierung sowie auch „Tendenz zu einer Amerikanisierung“ oft weiter entwickelt, da sich die durch die Paradigmenwechsel nahe gelegten Anpassungen an den Wind der Realität rascher und nachhaltiger vollzogen haben.

Bei angelsächsisch geprägten General Counseln hat sich die entsprechend angepasste und veränderte Berufsrolle, die im wesentlichen eine Quasi-Führungsfunktion geworden ist und deren angestammte Tätigkeitsbereiche sich oft massgeblich in Bereiche wie Risikomanagement, Public Affairs, Communication, Compliance und Controlling ausgeweitet haben, so dass der General Counsel ein Schlüsselglied der modernen Corporate Center dieser international tätigen Unternehmen geworden ist, sichtbar und wirkungsvoll verändert. Zwischen der Unternehmensstrategie dieser Unternehmen und der „strategischen Rechtsberatung“, die integral und ausschliesslich auf erstere bezogen ist, bestehen zum Teil wenig untersuchte Zusammenhänge oder wenig belebte Beziehungen. Immerhin ist diese Tätigkeit für gewisse General Counsels und auch für gewissen Anwaltskulturen eine gelebte Realität.

Führungsfunktion Recht als „multilevel and multidimensional chess game“

Erfahrungen und erste vertiefende Überlegungen haben gezeigt, dass es bei der strategischen Rechtsberatung um ein „multidimensional chess“, kombiniert mit einem „mulitlevel chess game“, geht, das in den Unternehmen vorwiegend in den obersten Führungsfunktionen und beim erwähnten General Counsel angesiedelt ist.

Es geht um den gestaltenden Umgang mit denjenigen Chancen und Risiken, die wegen ihrer rechtlichen Bedingt- und Geprägtheit für die Realisierung der Schlüsselziele des Unternehmens im Rahmen des unternehmerischen Prozesses massgeblich sind. Die strategische Beratung orientiert sich an einer prozesshaften Sicht der Rechtsberatung und strebt eine gesamtheitliche, interdisziplinäre und internationale Rechtsberatung an. Die Prozesshaftigkeit setzt sich in der Regel in einem integralen Issue Management der Dimension Recht um.

Dabei geht es in der Regel um Kerngesichtspunkte wie Umgang mit Rechtmässigkeit und Rechtsbeständigkeit im Wandel und der damit verbundenen verringerten Rechtssicherheit und der Risikominimierung und Chancenmaximierung als Teil der strategischen Führung des Unternehmens selbst. Die strategische Rechtsberatung pflegt eine mittel- und langfristige Perspektive und bezieht, oft mit Blick auf Prävention, alle wesentlichen rechtlichen Faktoren ein, die diese Zielverfolgung beeinflussen, erschweren bzw. gefährden oder verunmöglichen könnten.

Ganzheitliche und interdisziplinäre Beratung der strategischen Führung

Die Methode ist in einem sachgerechten Umfang interdisziplinär und berücksichtigt neben rechtlichen auch gesellschaftliche, politische, psychologische, geschichtliche und vor allem auch kommunikative Aspekte der mediatisierten und virtualisierten globalen Wirtschaftstätigkeit. Sie ist führungs-, prozess- und ergebnisbezogen und stellt unternehmensintern und -extern sichtbar die gewissermassen „anwaltliche“, weitreichende Wahrnehmung der Funktion Recht (Law) im und durch das Unternehmen dar. Sie verbindet Generalistentum und Urteilungsvermögen (Judgement) mit notwendigen Spezialisierungen und Technokratisierungen der modernen Rechtsberatung. Sie führt zu Rollen des Juristen im Zusammenwirken mit dem Management wie der in der Frage indizierten: A General Counsel, A Navigator of Management and Steward of „Law“?

 

Früherkennung, Rechtsgebiete, Key-Issues, Mindset

Es geht dabei fürs erste um eine begründete und frühe Identifikation derjenigen rechtlichen Bestimmungsfaktoren, die im paradigmatischen Wandel der für international tätige Unternehmen und deren Unternehmensstrategie die Qualifikationshöhe und die Intensität der strategischen Bedeutung erreicht bzw. überschritten haben. Dazu gehören unter anderem Rechtsgebiete des Banken- und Börsenrechts, Gesellschaftsrechts, Wettbewerbsrechts, Immaterialgüterrechts, das Recht einzelstaatlicher, internationaler und supranationaler Regulierungen und das Steuerrecht unter jeweiligem Einbezug der strafrechtlichen Dimension.

Bezogen auf Tätigkeiten geht es zum Beispiel um Key-Issues wie Corporate Governance, Prevention, Compliance, rechtsbeständige Planung unter der Berücksichtigung des Wandels, Reputation Management, Asset Protection etc. Im Einzelnen geht es zuweilen unter anderem zum Beispiel um die Erarbeitung und Formulierung einer „Integrated Risk Management Initiative“ der diesbezüglich ermittelten strategischen rechtlichen Bestimmungsfaktoren wie „Safety and Security Risks“, „Business Risks“, „Political Risks“, „Legal Risks“, „Reputation Risks“, „Corporate Governance Risks“ und den sogenannten „Future Risks“ aus ganzheitlicher und interdisziplinärer Sicht.

In diesem Kontext spielt die Schaffung eines bestimmten „Mind Sets“ und die Entwicklung von fachgerechten Operationalisierungsmethoden eine wichtige Rolle. Diese sollen erlauben, solche Risiken frühzeitig zu erkennen, im Umgang mit diesen durchgehend handlungs- und gestaltungsfähig zu bleiben und eine Organisation des Führungs- und des Issue Managements, verbunden mit einem entsprechenden Wertesystem, zu etablieren, das vor allem auch einen opportunity-bezogenen Umgang mit diesen Risiken erlaubt und wesentlich begünstigt.

Es geht auch darum, die Reputation als Kernwert eines international tätigen Unternehmens systematisch, nachhaltig und „State of the Art“ und nach „best practices“ zu gestalten und zu schützen, damit die obersten Unternehmensziele relativ ungestörter umgesetzt werden können. Im Vordergrund stehen Charakteristika wie präventiver Einsatz der rechtlichen Dimension, integrierter Einsatz der rechtlichen Dimension, sich an Langfristigkeit und Prävention orientierender Einsatz der rechtlichen Dimension.

 

Durch Erfahrung klüger?

Ich möchte meine angeborene Neigung zur Integration des Prozesshaften in die Rechtsberatung und meine Erfahrung in der Ausweitung der Rechtsberatung in ein ganzheitliches Issue Management zur Geltung bringen und eine topische, issue-bezogene, von der Wirklichkeit her bestimmte Tätigkeit ausüben, die zudem meint, dass der Satz „Imagination is more powerful than knowledge“ (Einstein) auch in der Rechtsberatung eine Rolle zu spielen vermag.

Meine nachhaltige Neugier für Strategie entspricht einem Interesse, das sich vorerst ausserhalb der juristischen Berufstätigkeit, nämlich im Rahmen der langjährigen Tätigkeit für den Stabchef für Operative Schulung (SCOS) und in der Sachgruppe Strategie, dem Beratungsgremium des Generalstabchefs (GSC) der schweizerischen Armee und der Mitarbeit an den Tätigkeiten des International Institute for Strategic Studies (IISS), zeigte. Zudem war ich in den vergangen 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer grossen Wirtschaftssozietät – gewissermassen als „blinder Passagier“ – immer wieder mit komplexen Issues und Prozessen und Geschehen beschäftigt, die ohne Einbringung von Gesichtspunkten ausserhalb des Rechts nicht mit angemessener professioneller Sorgfalt hätten ausgeübt werden können.

Dazu gehören unter anderem die Beratung bei Massenprodukthaftpflichtrisiken und Industriekatastrophen, der vielschichtige Umgang mit der amerikanischen Rechtsordnung und den entsprechenden Reaktionen darauf in der Schweiz auf class actions im Rahmen historischer Katastrophen, bedrohliche Einwirkungen der mediatisierten und virtualisierten Welt auf unternehmerische Tätigkeiten nach Sonderanlässen oder im Rahmen öffentlich beachteter, unternehmerischer Tätigkeiten, und die Planung und Begleitung von parallelen Zivil- und Strafprozessen unter medialen und politischem Druck nach einer unternehmerischen Katastrophe.

 

Expertenwissen und Akzeptanz für die Methode schaffen

Im Anbetracht eines beträchtlichen Defizites in der Erkenntnis über und in der Operationalisierung der „strategischen Rechtsberatung“ wird es zudem auch um die Erschliessung und Etablierung der strategischen Dimension des Rechts durch die Generierung von anwendungsorientiertem, theoretischem Expertenwissen und um die Entwicklung, Weiterentwicklung und differenzierte Operationalisierung dieses Wissen in einer die traditionelle Rechtsberatung ergänzenden Rechtsberatung gehen.

Es geht auch um die Herbeiführung der Akzeptanz und gewissermassen Kompatibilität und der Interoperabilität einer solchen Beratungsmethode und der an der Beratung beteiligten interdisziplinären Professionals und Managern. Es soll daraus eine Ausweitung des Dienstleistungsbereichs der Rechtsberatung entstehen, die nicht mit den rechtlichen Dienstleistungen der Advokatur in Wettbewerb treten, sondern diese allenfalls sinnvoll und integriert zu ergänzen vermögen. Es gilt in diesem Bereich auch mit ausgewählten Rechtsanwälten und Anwaltssozietäten diese Dimension integriert und im Rahmen von Einzelmandaten in Zusammenarbeit zu bearbeiten oder darin zu schulen.

Letztlich wird es auch darum gehen, in und mit benachbarten Beratungsdisziplinen die strategische Dimension des Rechts zur Geltung zu bringen, zumal ein Teil dieser Disziplinen in der Berücksichtigung von Bestimmungsfaktoren von Gesellschaft, Politik, Wissenschaft, Geschichte, Psychologie, Management und medialisierter und virtualisierter Wirtschaftswelt bereits in einem fortgeschrittenen Stadium ist, und ergänzende Dienstleistungen zum Einbau der rechtlichen Dimension in ihre Beratung erbeten.

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